Das Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt
Wenn wir hier in der Natur sind, den Blick über die Felder streifen lassen, so können wir gut mit dem Bild von einem Weizenkorn, das in der Erde ist und als Weizenhalm hervorsprießt, etwas anfangen.
Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viele Frucht. (Joh 12,24)
Wenn Jesus das Weizenkorn als Metapher nimmt, so steckt eine tiefe Botschaft dahinter. Vielleicht kann uns die folgende Geschichte in diese Botschaft hineinführen.
Es war einmal ein Weizenkorn, das war von dem großen Haufen Weizenkörner etwas abseits neben einer Glasscherbe liegengeblieben. Jedes Mal, wenn die Sonne schien, konnte das Weizenkorn sich in der Scherbe sehen, und es sah, wie stark und wie schön es war. Immer wieder blickte es in die Glasscherbe, freute sich über sich selbst so sehr, dass es nichts anderes mehr sah und dachte. So lernte es denn auch die anderen Körner gar nicht kennen.
Bei den anderen Körnern war eines Tages eine große Freude: Bald werden wir gesät, dann kommen wir in die Erde, wir werden keimen und kräftige Ähren treiben, und aus jedem von uns werden ganz viele neue. Da erschrak das eine Weizenkorn: In die Erde? Da wird man ja schmutzig! Und keimen? Da wird man ja dick und platzt auf. Das darf nicht sein! Und es betrachtete sich lange in seinem Spiegel.
Nun kamen Männer, holten die Körner. Das eine Korn aber drückte sich ängstlich unter die Scherbe, bis alle anderen fort waren. Nun war es ganz allein mit seinem Spiegelbild, und es lächelte ihm zu und streichelte und küsste es immer wieder. Eines Morgens - es hatte ein paar Tage geregnet und die Sonne schien nun besonders hell - sah das Weizenkorn, dass es grau geworden war und faltig, und es war geschrumpft und hässlich. Da schimpfte es auf die Glasscherbe und auf die Sonne und auf den Regen, fing ganz jämmerlich an zu weinen und blickte den Spiegel zur Strafe nicht mehr an.
„Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen.“ (Lk 17,33)
Die Fruchtbarkeit des Lebens liegt im sich Verschenken, in der Hingabe. Der Mensch wird erst wahrer Mensch in der Beziehung zum Nächsten.
„Christus ist für unsere Sünden gestorben und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden.“ (1Kor 15,3-4)