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Es läuten alle Glocken

Vikar Peter Lauschus informiert über Glocken


„Es läuten alle Glocken!“ - nicht! Teil 1

In den meisten Gemeinden unseres Pastoralen Raumes Bad Driburg tun die Glocken es: Sie läuten! Nur in St. Peter und Paul stehen sie still und stumm neben der Kirche. Nachdem in Dringenberg vor einiger Zeit eine neue Glocke angeschafft worden ist, ist es jetzt auch in der Innenstadt bald soweit.

https://www.nw.de/lokal/kreis_hoexter/bad_driburg/11295542_Neue-Glocke-schlaegt-die-Stunde.html

Darum will ich in den nächsten Wochen in kurzen Artikeln einige grundsätzlichen Informationen weitergeben.

Das Läuten von Glocken ist in vielen Religionen verbreitet: es gibt nicht nur im Christentum, sondern auch im Buddhismus diesen Brauch.

Drei Läuteformen sind im Gebrauch:

  • Das Schwingen der Glocken, wie wir es in Europa gewohnt sind.

https://www.youtube.com/watch?v=0BcR0kE47ZA

  • Das Anschlagen der einzelnen Glocken, wie es in der Orthodoxie verbreitet ist.

https://www.youtube.com/watch?v=afmImXeR0nk

  • Oder der Anschlag mit einem außerhalb der Glocke befindlichen Gegenstand.

https://www.youtube.com/watch?v=Ca6e73urdro

 

Eine besondere Form ist noch das bell-ringing (auch Wechselläuten genannt) in England. Bei dem die Glocken einzeln in einer bestimmten Abfolge geläutet werden.

https://www.youtube.com/watch?v=S5zZMfD34wg


„Es läuten alle Glocken!“ - nicht! Teil 2

Die ersten Glocken in unseren Breiten werden Iroschottische Wandermönche mitgebracht haben. Es waren Handglocken, die aber meist geschmiedet worden waren.

Die älteste gegossene Glocke Westfalens wurde wohl in Corvey hergestellt. Dazu schreibt der LWL:

https://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=15930


In der Corveyer Überlieferung wird mehrfach von einer so genannten Cantabona, einer Wohltönenden, aus dieser Zeit berichtet. Sie war von dem Abt Druthmar (1014-1046) gestiftet worden. Die Inschrift der größten Glocke des heutigen Geläutes der Kirche verrät, dass 1584 für ihren Guss die inzwischen beschädigte Cantabona aus dem 11. Jahrhundert eingeschmolzen wurde. Da die bei der Grabung entdeckten Reste aus guter Glockenbronze, einer Legierung aus vier Teilen Kupfer und einem Teil Zinn, bestanden, ist es wahrscheinlich, dass es sich bei diesem Fund um die in den historischen Quellen erwähnte Cantabona handelt. Schon beim ersten Anschlagen des 1997 im Auftrag des LWL-Archäologiemuseums angefertigten Nachgusses machte sie mit einem außerordentlich langen Nachklingen, Summen und Singen ihrem Name Ehre.

Der Nachguss der Cantabona wurde 2000 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt, als er im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne in der Landesausstellung zu sehen war. In diesem Rahmen werden alle fünf Jahre die bedeutendsten Funde der Bodendenkmalpflege aus ganz Nordrhein-Westfalen gezeigt. Jetzt wurde sie als Dauerleihgabe nach Corvey gegeben. Der Wiederaufbau der Glocke in Corvey geht auf die Initiative des im letzten Jahr verstorbenen Dechanten Josef Schürmeyer zurück und ist ein Gemeinschaftsprojekt der Katholischen Kirchengemeinde Corvey und des LWL.

450 Kilogramm schwer und fast 80 Zentimeter hoch ist die Kirchenglocke mit einer Wandstärke von 2,75 Zentimetern, sie steht in einem separaten Glockenstuhl auf dem Friedhof von Corvey. Die Reste des Originals hatten Archäologen 1995 bei Ausgrabungen auf dem Vorhof des Westwerks in Corvey entdeckt. Die Wissenschaftler konnten die Glocke in das frühe 11. Jahrhundert datieren.


„Es läuten alle Glocken!“ - nicht! Teil 3

Vivos voco. Mortuos plango. Fulgura frango. Lebende rufe ich. Tote beklage ich. Blitze zerbreche ich.

Friedrich von Schiller nahm diesen Satz, der häufig auf Glocken zu finden als Eingangszitat, quasi als Motto für sein Gedicht „Die Glocke“. Generationen von Schülern mussten dieses Langgedicht auswendig lernen, dass den Guss einer Glocke und ihr Schicksal beschreibt.

https://www.youtube.com/watch?v=hpye8w1XK7o

Jetzt ist es mehr oder weniger nur noch ein Zitaten-Steinbruch.

Das lateinische Zitat zählt die wichtigsten Aufgaben einer Kirchenglocke auf:

Vivos voco, die Lebenden rufe ich zum Gottesdienst.

Mortuos plango Tote beklage ich, wenn das Totengeläut erklingt.

Fulgura frango, Blitze zerbreche ich, lange Zeit wurde das sogenannte Wetterläuten praktiziert: Wenn ein Gewitter aufzog, wurde geläutet, in der Hoffnung, dass dadurch zum Beispiel Hagelschlag abgewendet werden könne.

Auch zu anderen Ereignissen wurde geläutet: in Feuersgefahren oder anderen Bedrohungen. Oder auch zu bestimmten Ereignissen. In vielen Türmen hing auch eine „Bürgerglocke“ oder „Ratsglocke“, so zum Beispiel immer noch in Soest: da das Westwerk des Patroklidomes lange Zeit auch als Ratssaal diente, wurde zur Ratssitzung mit dieser Glocke das Signal gegeben.