In manchen Hinterländern steht die Zeit noch stiller als in anderen Hinterländern. In Lauenberg zum Beispiel, einem verträumten Ort in
Niedersachsen, in das wir, die in Neuenheerse leben oder einst dort aufgewachsen und jetzt teils noch hier, teils in alle
Himmelsrichtungen verstreut wohnen, uns doch alle aber irgendwie als “Neuenheerser” verstehen, zum diesjährigen Zeltlager mit 33
Personen gefahren sind.
Der Zeltplatz, inmitten eines alten Steinbruchs auf einem Hügel, von dem aus sich im Morgengrauen beobachten lässt, wie sich der
Nebel in den Wäldern ringsum verhängt, in einer Gegend aus Gartenlauben und wild zugewucherten Teichen gebettet, in der es nicht
viel zu tun gibt außer zu wandern und zu wandern und ab und zu in den Badesee nebenan zu springen, erschuf für 11 Tage, vom
06.07.-16.07.2024, unser Zuhause. In diesem Zuhause spielte die Zeit anders - oder ihre Konzeptualität wurde uns eindrücklicher
bewusst. So schlägt der Gong die Uhr zum Essen, zur Morgen- und Abendrunde und auch, wenn im schlaftrunkenen Lager nachts
versucht wird, das Banner zu klauen - so etwas wie ein heiliges Tuch, geflickt mit Wimpeln als Erinnerung an die vergangenen
Zeltlager, behaftet mit einer sogenannten Ehre, die es zu verteidigen gilt. So spielt nicht nur die Zeit anders, sondern so sind auch die
Regeln, die Abläufe, die zwischenmenschlichen Dynamiken, die Banalitäten des Alltags völlig andere als in den übrigen Tagen unserer
doch sehr verschiedenen Lebensrealitäten. Beispielsweise ist der Anblick völlig etabliert, wie mehrere Kinder bei 30 Grad in Badehose
und mit Taucherbrille einen ganzen Tag lang einen Spießbraten überm Lagerfeuer drehen - um am Abend mit allen dieses Stück
Fleisch zu zelebrieren (die Hälfte der Kinder ernährt sich mittlerweile vegetarisch, dementsprechend ist auch dieses Ritual “nicht mehr
das, was es mal war” und dennoch weiterhin fest und in Liebe etabliert). Im Zeltlager machen alle alles gemeinsam: Kochen, Putzen,
Feuerholz sammeln, Zelte aufbauen und einige davon auch wieder gemeinsam ausräumen, wenn wie in diesem Jahr ein Platzregen für
Überschwemmung sorgt. Wie immer war die Zeit getränkt von verkohlten Calzonen am Lagerfeuer, von verschwitzten Umarmungen,
Augenringen bis zu den Knien, Geschirrspül-Partys, Tanzen im Nieselregen, Zecken-Marathon, und dem Schaukeln in der Hängematte
von früh bis spät, von Mitternacht bis Sonnenaufgang, vom Ankunft- bis zum Abfahrttag. Eins war in diesem Jahr besonders: Nicht nur
(ehemalige) Messdiener*innen aus Neuenheerse durften mitfahren, sondern alle Kinder und Jugendliche aus dem Ort. Wie ein Betreuer
am letzten Tag sagte: Er konnte gar nicht feststellen, wer jetzt Messdiener war und wer nicht. Denn es ist nicht aufgefallen, es war in
dieser Realität von Zuhause nicht relevant.
Save the Date!
Nächstes Jahr gehts vom 28.07.-07.08.2024 nach Haltern am See. Mitfahren können alle Neuenheerser Kinder
und Jugendliche, die mindestens 10 Jahre alt sind. Weitere Infos zur Anmeldung folgen ab November.
